Jacob & Josef Kohn
Möbelmanufaktur
Die Anfänge der Möbelfirma Jacob & Josef Kohn liegen im Jahr 1850, als der jüdische Unternehmer Jacob Kohn gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Josef Schaje Kohn im mährischen Wsetin (Vsetín) einen Betrieb für die Produktion und den Verkauf von Bauholz gründete. Neben dem Holzhandel erweiterten die Kohns ihr Geschäftsmodell und errichteten bis in die 186oer-Jahre drei Zündholzfabriken und gehörten somit zu den größten Erzeugern in der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie.
Angeregt durch den wirtschaftlichen Erfolg der Gebrüder Thonet, die sich in den 186oer-Jahren in der mährischen Region ansiedelten, sahen Jacob & Josef Kohn in der Produktion von Bugholzmöbeln einen weiteren profitablen Markt und gründeten ein Unternehmen für die Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Holz.
Als nächster Schritt galt es, die Monopolstellung der Thonets im Bereich der Massivholzbiegung anzufechten. Im Frühjahr 1869 stellte Josef Kohn einen Antrag auf die Annullierung von Thonets Privilegium aus 1856 „auf die Anfertigung von Sesseln und Tischfüsser aus gebogenem Holze, dessen Biegung durch Einwirkung von Wasserdämpfen oder siedenden Flüssigkeiten geschieht.“ Der Rechtsstreit endete schließlich mit dem Urteil, dass die Thonets ihr Patent aus Mangel an Neuheit aufgeben mussten. Ab diesem Zeitpunkt konzentrierte sich Jacob & Josef Kohn auf das Geschäft mit den Bugholzmöbeln und wurde zu einem der schärfsten Konkurrenten von Thonet.
In den folgenden Jahrzehnten expandierte Jacob & Josef Kohn neben seiner Firmenzentrale in Vsetin in zahlreiche Produktionsstätten […] und wurde zum spanischen Hoflieferanten ernannt. Im selben Jahr eröffnete man ein Geschäftslokal am Burgring 3 in Wien 1.
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Mit ihrem Firmenmotto »Semper sursum« (Immer aufwärts) gelang es Jacob & Josef Kohn, zu einem der erfolgreichsten Möbelproduzenten in der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie zu werden. Trotz ihrer ökonomischen Unternehmenspolitik und ihres profitorientierten Denkens war ihnen der eigenständige und kreative Charakter stets ein großes Anliegen. Indem sie die Bugholzmöbel salonfähig machten und mit wichtigen Protagonisten der Wiener Moderne wie Otto Wagner, Adolf Loos, Josef Hoffmann, Koloman Moser und Gustav Siegel zusammenarbeiteten, gaben sie der Qualität im Möbeldesign eine neue und innovative Note.
Das Unternehmen, das um 1900 rund 6.000 Mitarbeiter_innen beschäftigte, hatte Verkaufsniederlassungen in Antwerpen, Barcelona, Berlin, Brüssel, Budapest, Hamburg, Kiew, Köln, London, Madrid, Mailand, Marseille, Moskau, Neapel, New York, Nürnberg, Paris, St. Petersburg, Rostow am Don und Warschau. Der Erfolg wurde bestätigt durch die regelmäßige Teilnahme an internationalen (Welt) Ausstellungen der Weltausstellung in Paris 1900,der Winterausstellung im k.k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien 1901-1902, der Ersten Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902 und der Deutschen Werkbund-Ausstellung in Köln 1914.
Lit.: vgl.: E. Ottillinger (Hrsg.), Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne, Wien, 2018, S. 140ff