Gracanica/Bosnien 1936 – 1994?

"Es bildet ein Talent sich in der Stille, sich ein Charakter in dem Strom der Welt." Diese Worte aus Goethes „Torquato Tasso" beschreiben den Lebensweg der Malerin Kemija Gruen sehr treffend.

Kemija Gruen hat ihr künstlerisches Talent im Verborgenen reifen lassen, während sie ihr von Schicksalsschlägen, Entbehrungen und Krankheit gezeichnetes Leben meisterte. In den Kriegswirren und auf der Flucht nach Österreich verlor die 1936 in Jugoslawien geborene Künstlerin ihre Eltern und musste bereits als Neunjährige ihr gutsituiertes Zuhause gegen schwere Arbeit als Dienstmagd bei einem Kärntner Bauern tauschen.

Nach ihrer Heirat mit dem international bekannten Architekten und Städteplaner Viktor Gruen (Victor David Grünbaum) lebte sie teils in Österreich, teils in den USA. Gruen gilt als Pionier der ersten großen Wiener Fußgängerzone, die 1974 trotz heftiger Kritik in der Kärntner Straße eingerichtet wurde, sowie der ersten modernen Shopping Malls in den USA in den 1940er Jahren.

In dieser Zeit entwickelte Kemija Gruen eine große Affinität zur Baukunst und Innenarchitektur und somit zur bildenden Kunst und schuf Studien, Ölbilder sowie Entwürfe für Glasfenster. Die intensive Auseinandersetzung mit der Malerei wurde der Künstlerin zu einem immer größeren Anliegen und nach dem Tod ihres Mannes 1980 begann sie sich fast ausschließlich darauf zu konzentrieren. 

Durch den Kontakt mit anderen Künstlern, u. a. dem Komponisten George Gershwin, entstanden viele Tapisserie-Entwürfe. Kemija Gruens Malerei spiegelt in der Wahl der Motive und Farben ihre besondere Beziehung zur Natur wider. Sie nutzt Gegensätze, wie Dunkelheit und Helligkeit, um die Natur darzustellen. Der Weg ist ein wiederkehrendes Motiv, das Trennung und Suche symbolisiert. Der Malerin gelingt es, die Betrachter in ihre Welt der Farben und Formen zu ziehen, die sie als involviertes Wesen instinktiv erfühlen.